2012-05-31

china allgemein



China - Allgemeine Informationen

Offizieller Name: Zhonghua Renmin Gongheguo
Sprache: Chinesisch
Hauptstadt: Peking
Längen und Breitengrade (Ausdehnung): 35 00 N, 105 00 O
Fläche: 9.596.960 qkm
Bevölkerung1.298.847.624, ca. 1,3 Milliarden (Juli 2004)
 

Quelle:http://www.chinaseite.de/china-reise/china-information/china-information.html

2012-05-24

lollo


Erziehung Fron der frühen Jahre

Zweijährige lernen rechnen, Dreijährige schreiben. Chinesische Eltern trimmen ihre Kleinkinder auf Hochleistung
»Sitzt gut und gerade!«, ruft die junge Frau in rosa Uniform einer Gruppe von fünf Zweijährigen und ihren Müttern zu. »Wu Yu Ying möchte ich bitten: Wenn wir die Zahl Zwanzig und die Zahl Drei aus unseren Kärtchen aufnehmen, an welcher Stelle werden wir sie bei den Perlenschnüren ablegen?« Wu Yu tut, was sie tun soll, und zählt die Perlen ab. »Bravo, spendet Beifall für Wu Yu Ying!«, ruft die Erzieherin. Vier Zweijährige und fünf Mütter klatschen, und gleich werden alle Wu Yu Yings Namen an der Ehrentafel lesen.
In dem Privatkurs für Kleinkinder und ihre Mütter in Peking lösen Zweijährige anspruchsvolle mathematische Zuordnungsprobleme im Minutentakt. Dreijährige rechnen bis in die Zehner- und Hunderterreihen, sie widmen sich diffizilen feinmotorischen Aufgaben mit Essstäbchen und an Knopflöchern, sie lesen erste Schriftzeichen, rufen im Chor englische Slogans. Sie üben unbedingte Konzentration auf gestellte Aufgaben und zügiges Arbeiten.

Dass aufmerksame Blicke der Erwachsenen auf ihnen ruhen, bringt die Kinder nicht aus dem Takt, sie bleiben bei der Sache und scheinen die Aufgaben nicht als Zumutung zu empfinden. Kein Lernen ohne Wettbewerb, scheint eine wichtige Regel zu lauten. Am Ende der Förderstunde krabbeln die Einjährigen um die Wette. Begeisterung unter den Erwachsenen. Tempo, Tempo! Wenn allerdings ein Krabbelkind vor dem Ziel ausschert, schämt sich nicht nur seine Mutter, sondern, so scheint es, auch das Kind.
Anzeige
Bildung für mehr als ein Kind würde die meisten Familien überfordern
Hundertdreißig Millionen Vorschulkinder leben heute in China, kostbare Einzelkinder, auf die sich die gespannte Aufmerksamkeit ihrer Familie richtet. Kostspielige Kinder, in deren Bildung investiert wird, was immer die Erwachsenen sich leisten können: Geld für Kindergärten und für Förderkurse in frühem Alter, Mutterzeit, Großelternzeit. Wie können wir unser Kind optimieren, das kleine Kraftzentrum ganz nach vorn bringen?
In der familiären Erwartung von künftigem Aufstieg und Wohlstand in einer Gesellschaft, die neuerdings auf Wissen und Bildung setzt wie keine andere, kann die energische Pädagogik offenbar nicht früh genug ansetzen. Von Jahr zu Jahr werden höhere Anforderungen zur Norm – auch an die Eltern. Bestimmte Leistungen fürs Kind nicht zu erbringen, das wird in China bald mit Vernachlässigung gleichzusetzen sein. Auch deshalb ist die Ein-Kind-Politik in den Städten akzeptiert: Für mehrere Kinder würden die Ressourcen der meisten Familien kaum reichen.
Kindheiten in den neuen chinesischen Mittelschichten sind bis in den letzten Winkel ausgestaltet, optimiert mit immer neuen Bildungsprogrammen. Chinesische Pädagogen sehen sich in aller Welt um. Ob Hochbegabungstraining oder Montessori-Pädagogik, Ideen aus Singapur oder aus den USA, alles wird eingespeist. Das Ergebnis: Leistungskurse schon für Ein- und Zweijährige, mit rigorosem kognitivem Funktionstraining

Privatkurse wie jener in Peking verbreiten sich in ganz China, auch in kleineren Städten. Nur wenige Eltern können es sich leisten, mehrere solcher Kurse in der Woche zu belegen. Aber die sollen ja auch Anleitung für zu Hause sein. Die Erwachsenen nehmen die Hausaufgaben ernst. Und im Zweifel bieten die Eltern-Kind-Programme im Fernsehen Hilfe an, die Chatrooms im Internet und viele neue Elternzeitschriften mit hohen Auflagen.
Auch die chinesischen Kindergärten expandieren. Noch besucht in China erst jedes dritte Vorschulkind einen Kindergarten, aber in den Großstädten schon jedes zweite. In Peking werden Kindergärten in drei Qualitätsstufen eingeteilt. Nur ein Drittel von ihnen sind heute noch Internatskindergärten, wie der von Mao Tse-tung gegründete Kindergarten »Das Goldene Pferd«. Ein wenig Freiheit hat hier Einzug gehalten: Die sechshundert Kinder tragen inzwischen unterschiedliche Frisuren statt, wie zu Maos Zeiten, einen Einheitshaarschnitt. Aber nach wie vor gibt es in den Schlafsälen keinen persönlichen Gegenstand, kein Foto, kein Kuscheltier.
So lernt ein Kind früh, disponibel zu werden, einsatzbereit, nicht an persönliche Orte gebunden. Und nach wie vor wird in den Wochenkindergärten viel geschlafen, zwölf Stunden nachts, zwei am Tag. Diese erzwungene Ruhigstellung – so müde ist kein Kind – gehört heute zu den unangenehmen Erinnerungen vieler Erwachsener an ihre Kindergartenzeit. In den meisten Kindergärten der Qualitätsstufe eins sitzen die Kinder tagsüber viel an Tischen vor didaktischem Material aus Plastik. Auf die Frage nach seinem Kindergartenbesuch entfährt dem Dolmetscher, auch er habe drei Jahre im Kindergarten »gesessen«. Eine Mutter bekennt fast trotzig, ihren Sohn sonntags im Park nur laufen und klettern zu lassen, denn das wie viele andere schon deutlich übergewichtige Kind habe »während der Woche so wenig Bewegung«.
In Imagefilmen werben Kindergärten um neue Eltern. Vor stattlichen Gebäuden präsentieren die Leiterinnen das Konzept ihrer Einrichtung. Während der Kulturrevolution sollte man im Kindergarten lernen, »wir« statt »ich« zu sagen. Heute sprechen die Leiterinnen von Selbstständigkeit, Sozialverhalten, Förderung individueller Begabungen. Mit diesen pädagogischen Begriffen knüpft man an die Anfänge der chinesischen Elementarpädagogik im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts an, als Vertreter Chinas in die USA reisten, vor allem an die Columbia University, zu dem Pädagogen und Psychologen John Dewey.
Das Vokabular der chinesischen Pädagogik ist heute modern und universell, doch im Widerspruch zur vorgeblichen Individualisierung steht ein geradezu totalitärer Fröhlichkeitszwang. Kinder erscheinen in allen Broschüren oder Veröffentlichungen nie nachdenklich oder ernst, man blickt ausnahmslos in lachende Kindergesichter, als sei ein glückliches Kind grundsätzlich ein lachendes Kind. Neuerdings soll, im Gegensatz zur traditionell strengen chinesischen Pädagogik, viel gelobt werden. Die Kinder umarmen morgens beim Appell der Reihe nach die Erzieherin.
Außerhalb dieser künstlichen pädagogischen Welten gibt es weiterhin die traditionellen Umwelten für Kinder, zwischen Alt und Jung, zwischen Werkstätten und Tieren. Da könnten die Kinder beobachten, mit welcher Materialkenntnis und welchem virtuosen Raumbewusstsein jemand eine ganze Couchgarnitur aufs Fahrrad lädt und um die Ecke transportiert. Aber solch informelles Lernen genießt unter den chinesischen Pädagogen kein Ansehen. Auf einem Kongress in Peking für dreihundert Kindergartenleiterinnen löste die Einspielung von Filmszenen aus deutschen Waldkindergärten Befremden aus. Einem einzelnen Kind zuschauen, wie es vor einer Pfütze hockt und einen Molch beobachtet? Das erinnert viele Erwachsene doch zu sehr an Kälte, Schmutz und harte Arbeit auf dem Feld. Angeleitetes Arbeiten an didaktischem Material in Primärfarben erscheint stattdessen in China als Befreiung von Körper und Geist, als pädagogische Professionalität.


Erziehung Fron der frühen JahreSeite 3/3

Aber auch in China regt sich Kritik an der Beschleunigungspädagogik und den sterilen Kinderwelten. »Wir müssen mit den Kindern in China eine Kultur des Fragens entwickeln, anstatt die Kinder ständig nur abzufragen«, sagt der Präsident der chinesischen Erfinder-Akademie, Zhiang Kai Xun. »Kinder, die von früh an das Antwortverhalten der Prüfungen lernen, mögen später vielleicht passable Akademiker werden, aber sie werden niemals Forscher und Erfinder.« Zhiang Kai Xun ist bei den Pädagogen und Eltern beliebt, auf Tagungen übt er mit ihnen die Kunst des Fragens.
Die Fähigkeiten kleiner Kinder wurden in Deutschland unterschätzt
Anzeige
Kann man von China lernen? Man hat sich in Deutschland damit eingerichtet, sich pädagogisch ausschließlich für die Länder zu interessieren, die uns etwas voraushaben, seien es die skandinavischen Staaten oder die Early Excellence Centers in England. In der chinesischen Frühpädagogik wird für unseren Geschmack zu wenig Raum gelassen für eigene Gedanken, Umwege, Humor. Aber sollte man in Deutschland nicht zur Kenntnis nehmen, welche kognitiven Leistungen Kinder schon in frühen Jahren erbringen können? Haben wir nicht in den vergangenen Jahren gemerkt, dass wir den Kindern zu wenig zugetraut haben?
Die chinesischen Eltern und Pädagogen sind aufbruchsbereit. Auf die Frage nach dem Naturforschen mit Kindern hatte mir ein Pekinger Kindergarten noch vor zwei Jahren gezeigt, wie die Kinder in Zweierreihen vor eine Blumenrabatte geführt wurden: zur Naturbetrachtung der roten und gelben Tulpen, die sie nicht berühren durften. Zwei Jahre später beobachteten Erzieher mit Kindern die Ameisen, wie sie Wege zwischen Glasscheiben bahnten, die die Kinder mit Sand bestreut hatten. Die Erzieher waren jetzt fasziniert von der experimentellen Energie ihrer Kinder, und ihre Fragen zielten in die Mitte unserer europäischen Bildungsdiskurse. China sucht nicht nur in Hongkong und in Singapur nach Anregungen, man will gern auch vom alten Europa lernen. Wenn wir etwas zu sagen haben.
Die Autorin ist Kulturwissenschaftlerin und arbeitet am Deutschen Jugendinstitut in München. Ihr neuestes Buch »Weltwunder – Kinder als Naturforscher« ist bei Kunstmann erschienen.

schule

Schule:
Jedes chinesische Schulkind soll sich am Tag dreimal seine Augen massieren. Augengymnastik ist in China genauso Pflicht, wie die Morgengymnastik am Schulhof. Durch die Augengymnastik wird die Durchblutung angeregt und die Augennerven besser mit Sauerstoff versorgt. Sie beugt so die Müdigkeit der Augen vor und ist ein gutes Mittel gegen Kurzsichtigkeit.
Die erste öffentliche Schule wurde 1912 eröffnet. Vorher gab es nur private Schulen. Als die Volksrepublik China 1949 gegründet wurde, konnten 80 % der Bevölkerung weder lesen noch schreiben. Heute sind es noch 15 % (das sind immerhin noch 200 Millionen Menschen). Die
9-jährige Schulpflicht gibt es erst seit dem 1. Juli 1985.
Viele Kinder gehen noch immer nicht oder nur wenige Jahre in die Schule, weil die Eltern zu arm sind, um das Schulgeld zu bezahlen. Nur ein kleiner Teil schließt die Oberstufe ab.
In China gibt es die sogenannte „Ein-Kind-Politik“. Um etwas gegen die Überbevölkerung zu tun, dürfen Eltern nur ein Kind haben. Wer sich nicht daran hält, muss mit Strafen rechnen.

Tugenden etc

Traditionelle chinesische Tugenden
China ist ein Land, das besonders viel Wert auf Moral und Tugenden legt. Weil Chinesen die Erziehung zum moralischen Handeln und charakterliche Selbstkultivierung sehr achten, kristallisierte sich in der chinesischen Kultur allmählich eine Vielzahl von Tugenden heraus, die zur Tradition geworden sind. Chinesen sind ihren Eltern gegenüber sehr respektvoll und gehorsam, und es ist selten, dass sie sich nicht um sie im Alter kümmern. In einer chinesischen Familie wird großes Gewicht auf Kindererziehung gelegt. Traditionelle chinesische Tugenden umfassen Aspekte wie Rechtschaffenheit oder Kindespietät - um nur zwei Beispiele zu nennen. Diese Tugenden prägen das chinesische Volk, seinen emsigen Fleiß und seine natürliche Freundlichkeit.

Interview über erziehung

Frau Chua, Ihre Töchter Sophia und Louisa durften nie bei Freunden übernachten, nie Freunde mit nach Hause bringen und sich nie ihre Hobbys selbst aussuchen. Werden Sie von Ihren Kindern gehasst?

Dieser Artikel ist aus dem SPIEGEL
Chua: Ich hoffe nicht! Mir war es wichtig, dass Sophia und Lulu fließend Mandarin und Englisch lernen und dass sie nur Einsen nach Hause bringen. Sophia konnte mit 18 Monaten das Alphabet. Während andere Kinder lernten, von eins bis zehn zu zählen, habe ich ihr die Grundrechenarten und Dezimalzahlen beigebracht. Als sie drei war, las sie Sartre. Natürlich wollte ich, dass meine Kinder Hobbys haben - aber nicht so etwas wie Handarbeit, die zu nichts führt, sondern etwas Sinnvolles und Schwieriges, mit Potential für Tiefe und Virtuosität. SPIEGEL: Sie verlangten, dass Sophia Klavier lernt und "Lulu" Geige. Klassische Musik sei "das Gegenteil von Niedergang, Trägheit und Verwöhntheit", schreiben Sie in Ihrem soeben erschienenen Erziehungstagebuch. Ist das Ihre Kritik an der Kuschelpädagogik westlicher Eltern?
Chua: Ich habe nicht die Absicht, andere Leute zu belehren. Allerdings glaube ich durchaus, dass westliche Eltern die Dinge manchmal zu leicht nehmen. Sie können einem Sechsjährigen nicht sagen:"Geh heute mal deinen Leidenschaften nach; ich möchte nur, dass du glücklich bist." Das ist zu romantisch. Natürlich hofft jede Mutter, dass das Kind dann die Flöte in die Hand nimmt oder Gedichte schreibt. Aber ich glaube, es wird sich einfach vor den Fernseher setzen oder Computerspiele spielen.
SPIEGEL: "Oh mein Gott, du wirst schlechter und schlechter", haben Sie Sophia einmal beim Klavierüben gesagt, "wenn das beim nächsten Mal nicht perfekt ist, nehme ich dir sämtliche Stofftiere weg und verbrenne sie." Für solche Methoden, Kinder auf Linie zu bringen, werden Sie derzeit in den USA angefeindet.
Chua: Rückblickend mag das Coaching etwas extrem gewesen sein. Andererseits war es effektiv. Mit neun gewann Sophia ihren ersten Klavierwettbewerb.
SPIEGEL: Später spielte sie sogar einmal in der Carnegie Hall in New York ...
Chua: Und sie liebte es! Nichts macht Spaß, wenn man nicht gut darin ist. Und dafür muss man hart arbeiten. Doch Kinder wollen von sich selbst aus niemals arbeiten. Darum ist es entscheidend, sich über ihre Vorlieben hinwegzusetzen. Das erfordert Strenge, denn das Kind wird sich widersetzen.
SPIEGEL: Erläutern Sie doch einmal die Rezepte chinesischer Elternschaft.
Chua: Liebe und Zuhören, immer jedoch gepaart mit hohen Erwartungen. Chinesische Eltern drillen ihre Kinder jeden Tag. Wenn das Kind keine perfekten Noten nach Hause bringt, hat es einfach nicht hart genug gearbeitet. Westliche Eltern werden ihr Kind für eine Eins minus loben. Die chinesische Mutter jedoch wird nach Luft schnappen und fragen, was falschgelaufen ist.
SPIEGEL: Warum kann sie sich nicht einfach über eine gute Note freuen?


Chua: Weil es beim chinesischen Erziehungsstil darum geht, das Beste aus seinem Kind herauszuholen. Es geht darum, an sein Kind zu glauben, und zwar mehr als jeder andere. Hartnäckiges Üben ist ausschlaggebend für Spitzenleistungen. Der Effekt sturer Wiederholung wird in der westlichen Welt weit unterschätzt. Westliche Eltern geben zu früh auf. SPIEGEL: In einer Szene Ihres Buchs weigert sich Lulu, ein Klavierstück zu üben. Sie drohen Lulu daraufhin, ihr Puppenhaus der Heilsarmee zu spenden und ihre Geburtstagsparty für mehrere Jahre ausfallen zu lassen. Schließlich üben Sie mit ihr bis spät in die Nacht und lassen sie dabei nicht einmal auf die Toilette gehen. Das klingt fast nach Folter.
Chua: Ja, ich weiß. Es ist lustig, wie die Leute das überhöhen. Sie sagen: "Oh mein Gott, das ist wie Guantanamo Bay!" In Wahrheit ist diese Episode ein gutes Beispiel dafür, dass Zwang funktioniert. Denn nach all dem Kämpfen fing Lulu plötzlich an, das Stück fehlerfrei zu spielen. Dann strahlte sie und sagte: "Mama, guck, es ist ganz einfach."
SPIEGEL: Sie kommen aus einer traditionellen chinesischen Einwandererfamilie und wurden offenbar ähnlich erzogen. Einmal hat Ihr Vater sie sogar als "Müll" beschimpft.
Chua: Mein Vater hat mich ein einziges Mal so genannt. Und ich weiß genau, warum. Meine Mutter hatte etwas zu mir gesagt, und ich antwortete "Halt dein Maul. Ich hasse dich!" Da griff mein Vater ein. Was er wirklich meinte, war: "Schande über dich, dass du so mit deiner Mutter sprichst." Und er hatte recht. Mit meiner Tochter Sophia habe ich Ähnliches erlebt. Ich nannte sie nur ein einziges Mal "Müll" - weil sie mich beleidigt hatte.
SPIEGEL: Sie sagen, das Buch sei eigentlich eine Liebesgeschichte. Wie können Sie von Liebe sprechen, wenn Sie Ihre Kinder den ganzen Tag maßregeln und drillen?
Chua: Ich bin mir sicher, dass meine Kinder zu jeder Zeit wussten, dass ich sie liebe. Die Botschaft an die Kinder darf natürlich nicht lauten: "Wenn du keine Eins nach Hause bringst, liebe ich dich nicht mehr." Die Botschaft muss lauten: "Du kannst eine Eins bekommen, weil du ein starkes, schlaues Kind bist." Wenn ein Kind in der Mathematik oder beim Klavierspielen richtig gut ist, bekommt es Anerkennung. Daraus entsteht Befriedigung - und schließlich Glück.
SPIEGEL: Glauben Sie wirklich, dass Glück nur von schulischen Leistungen abhängt?
Chua: Ich halte nichts davon, dem Kind immer wieder zu sagen "Du bist perfekt, mach dir keine Sorgen", ohne dass es wirklich etwas leistet. Irgendwann nämlich müssen Kinder in der richtigen Welt klarkommen. Und wenn sie dann nichts können, werden sie wohl kaum den Job bekommen, den sie haben wollen. Ein gesundes Selbstwertgefühl ist der Schlüssel zum Glück. Und das erreicht man nur durch Herausforderungen und Leistung.
SPIEGEL: Zu hohe Erwartungen können aber auch große psychische Schäden anrichten. Die Selbstmordrate bei asiatisch-amerikanischen jungen Frauen ist überdurchschnittlich hoch.
Chua: Wenn das stimmt, ist das natürlich tragisch. Aber mir erscheint das doch sehr anekdotisch. Ich werde von allen Seiten mit solchen Statistiken bombardiert, und ich würde wirklich gern handfeste Daten sehen. Ich glaube nicht, dass westliche Kinder glücklicher sind als asiatische. Gut möglich, dass sogar das Gegenteil der Fall ist. Allerdings ist es natürlich furchtbar, Kinder so unter Druck zu setzen, dass sie die Last nicht mehr tragen können.
SPIEGEL: Haben Sie selbst auf Ihre Kinder zu viel Druck ausgeübt? Ihre Tochter probte den Aufstand, als sie 13 war ...
Chua: ... ja, dieses Temperament und diese Scharfzüngigkeit hat sie von mir geerbt (lacht).
SPIEGEL: Sie saßen in einem Restaurant in Moskau und wurden wütend, weil Lulu den Kaviar nicht probieren wollte.
Chua: Sie schrie: "Ich hasse dich; du bist eine schreckliche Mutter; ich hasse mein Leben; ich hasse die Geige." Und es fühlte sich plötzlich so an, als würde alles auseinanderfallen. Ich fragte mich: "Habe ich alles falsch gemacht? Werde ich meine Tochter verlieren?" Ich stand auf und rannte davon. Ich heulte Rotz und Wasser. Schließlich kehrte ich zurück und sagte: "Lulu, du hast gewonnen; es ist vorbei; wir geben die Geige auf."
SPIEGEL: Lulu begann dann mit Tennis.
Chua: Ja. Das war schmerzhaft. Wer erst mit 13 anfängt, wird keine großartige Tennisspielerin mehr. Aber ich wusste, dass es das Richtige für sie war. Toll finde ich, dass ihr Trainer von ihrer Arbeitsethik schwärmt. "Sie gibt nie auf", sagt er. Sie kämpft. Sie drillt sich selbst.
SPIEGEL: Viele westliche Bildungsforscher gehen davon aus, dass Drill die Kreativität tötet. Als wichtiger gilt es, spielerisch die Phantasie der Kinder zu fördern.
Chua: Auch ich lege viel Wert auf Kreativität. Doch statt meine Kinder mit Holz spielen zu lassen, setze ich sie lieber den unterschiedlichsten Kulturen und Ideen aus. Wir reisen viel. Wir gehen in Museen.
SPIEGEL: In den USA hat Ihr Buch wütende Proteste ausgelöst. Sie werden als Monstermutter beschimpft.
Chua: Ja. Ich wusste natürlich, dass mein Buch provozieren würde. Aber was jetzt passiert, ist surreal. Die Leute realisieren nicht, dass das Buch die Reise einer Mutter beschreibt. Am Ende stelle ich komplett in Frage, wie ich meine Kinder anfangs erzogen habe. Ich vermute, dass die Sache auch eine geopolitische Dimension hat. Shanghai hat ja gerade überragend in der Pisa-Studie abgeschnitten. Die Dominanz der Chinesen macht vielen Menschen im Westen Angst.
SPIEGEL: Sie sagen, Sie seien mittlerweile viel westlicher geworden. Dürfen Ihre Töchter inzwischen bei Freunden übernachten?
Chua: Ich verrate Ihnen ein Geheimnis: Zufällig ist genau heute Lulus 15. Geburtstag. Und wissen Sie was? Am Samstag haben sieben ihrer Freundinnen bei uns übernachtet.

Familienplanung

jedes vierte Kind wächst in China alleine auf. Das ist eine Folge der Einkindpolitik. Die Familienplanung beeinflusste nicht nur die Bevölkerungsdichte sondern auch den Nachwuchs Chinas. Die heute erwachsen werdenden Einzelkinder gelten als verwöhnt und eigenwillig. So wird ein Kind in seinen ersten Lebensjahren mit Zuneigung überschüttet. Und die drücken Chinesen gerne in Form von Essen aus. Jedes dritte Kind leidet heute in den reichen Industriestädten an Übergewicht. Statistiken belegen, dass chinesische Eltern den größten Anteil ihres Einkommens für die Ausbildung ihrer Kinder einsetzen. 90 Prozent der chinesischen Eltern hoffen, dass ihre Kinder sich für den Hochschulbesuch qualifizieren können. Bei vielen chinesischen Familien ist es so, dass die Kinder für die ersten paar Jahre bei der Verwandtschaft der Eltern leben

gute frage






Da müssen wir, wie immer in China, ein bisschen zwischen Stadt- und Landbevölkerung unterscheiden. Auf dem Land ist es schon so, dass Mädchen eher für die Hausarbeitherangezogen werden als Jungen, aber generell gilt aufgrund des politisch motivierten Kollektiv-Gedankens (wir lernen im Team und arbeiten im Team und jeder im Team ist demzufolge gleich viel wert) absolute Gleichberechtigung - in der Schule wie am Arbeitsplatz. Nicht erst seit der wirtschaftlichen Öffnung Chinas und dem damit ausgelösten zweiten Wirtschaftswunder der jüngeren Weltgeschichte stehen auch den gut ausgebildeten Mädchen alle Karriere-Türen offen.

Hinzuzufügen bleibt, dass auch in China über Jahrtausende das weibliche Geschlecht als minderwertig angesehen wurde. Durch die Ein-Kind-Politik Chinas hatten und haben die Eltern allerdings die Möglichkeit, das Geschlecht des Kindes auszuwählen. So ist heute das weibliche Geschlecht auffallend weniger vertreten als das männliche. Daraus ergibt sich in kleinen Schritten auch bei der einfachen Bevölkerung auf dem Land ein höherer Wert für das weibliche Geschlecht. Es ist ja durchaus die Politik und die allgemeine Ansicht überall auf der Welt voneinander zu unterscheiden. Wir haben hier ja nun seit 62 Jahren im Grundgesetz die Gleichberechtigung der Geschlechter, tatsächlich aber erhalten Frauen im Durchschnitt 23% weniger Lohn für die gleiche Arbeit eben weil dies gesellschaftlich so gewollt ist. Auch von den 52% der Bevölkerung welche weiblich ist. Allerdings gab es in dieser großen Volksrepublik schon immer Ethnien wo diese Auffassung genau umgekehrt gelebt wurde

Alle wollten gerne Jungs und ließen Mädchen oft "wegmachen".
Das Ende vom Lied:
Dieses eine Kind wird mit allem gefüttert, was da ist, ein König, der aus allen Nähten platzt, für den alles gemacht wird. Zudem gibts inzwischen zu wenig Mädchen, so dass Fetti wohl alleine alt werden muss.

Auffallend in China ist, dass die Kinder ungemein verzogen werden. Dabei waren - als ich 2006 in China war - die Jungen noch verzogener als die Mädchen. Aber schon einige Jahre später war festzustellen, dass die Mädchen allmählich nachziehen.
Insgesamt erschienen mir die Mädchen aber wohlerzogener als die Jungs - zumindest Fremden gegenüber. Dennoch war auffallend, dass in den Familien genau das gemacht wird, was die kleinen Prinzen wollen. Das fängt bei der TV-Auswahl an und endet bei Familienentscheidungen.


LJM: Können Sie anhand einiger Beispiele die Unterschiede in der Kindererziehung in Deutschland und China verdeutlichen?

Zhao: Grundsätzlich gibt es einen Unterschied in der Art des Respekts, den man Kindern entgegen bringt. Nehmen wir z.B. die Art, wie Kinder Erwachsene anreden. In China ist es sehr wichtig, wie Kinder Erwachsene in der Öffentlichkeit ansprechen. In Deutschland dagegen macht man es davon abhängig, wie alt das Kind ist und wozu es von seiner Entwicklung her betrachtet in der Lage ist.

Ein anderes Beispiel ist die Erwartung, ab welchem Alter die Kinder sauber sein müssen. In China wird erwartet, dass Kinder im Alter von ca. einem Jahr keine Windeln mehr brauchen, in Deutschland wird hingegen die physiologische Entwicklung berücksichtigt. Und dann auch der Umgang mit dem Tod und die Sexualerziehung. Das war damals auch alles völlig neu für mich, noch nie hatte ich von so etwas gehört. Außerdem gibt es auch viele Beispiele zum Umgang mit den Gefühlen der Kinder, insbesondere mit negativen Gefühlen wie z.B. Angst, Kummer, Eifersucht, Wut. Die Deutschen versuchen zuerst, das Kind zu beruhigen und suchen dann erst nach den Gründen für den Ausbruch dieser Gefühle.

Einmal habe ich ein Kind gesehen, das ständig mit den Augen zwinkerte und habe dann laut gefragt, was es damit auf sich habe. Die Mutter des Kindes gab mir zu verstehen, dass ich nicht vor dem Kind darüber reden solle. Später habe ich erfahren, dass das Kind nachts Angst hatte und das Zwinkern eine nervöse Reaktion war. Würde man in Anwesenheit des Kindes darüber reden, dann könnte das Kind annehmen, dass es etwas falsch gemacht hätte und könnte noch nervöser werden. Mir wurde in diesem Moment sofort klar, dass die Angewohnheit chinesischer Eltern, im Beisein ihrer Kinder alles auszudiskutieren, eine völlige Missachtung der Gefühle der Kinder ist.

Aus genau diesen Erfahrungen heraus hat sich mein Interesse für Kindererziehung entwickelt. Ich habe viele Bücher zu dem Thema gelesen und einige Kurse an der Universität belegt. Von besonderem Interesse war für mich, wie man durch von Kindern gemalten Bilder ihre seelischen Probleme erkennen kann.


Zhao: In den letzten vier, fünf Jahren hat sich die Erziehung in den chinesischen Familien sehr verändert. Dies ist zum Einen darauf zurückzuführen, dass es auf dem Büchermarkt inzwischen ein großes Angebot an Büchern über Kindererziehung im Ausland gibt und dass darüber hinaus auch noch eine sehr große Vielfalt an sonstigen pädagogischen Angeboten und Informationen besteht. Allerdings ist bis heute ein grundsätzliches Problem ungelöst: Chinesische Eltern erwarten immer noch unbewusst von ihren Kindern, dass diese sich wie kleine Erwachsene benehmen und sind nicht bereit, mittels Kommunikation und Austausch in die Welt der Kinder einzutauchen.

Strukturen der Umweltbildung in der VR China

von Dr. Eva Sternfeld

Das chinesische "Wirtschaftswunder" hat seine Schattenseiten. Umweltverschmutzung und die unwiederbringliche Zerstörung lebenswichtiger Ressourcen begleiten in weiten Teilen des Landes unübersehbar den wirtschaftlichen Aufschwung. Die enormen Probleme zeugen nicht nur davon, dass China auf dem Gebiet der Umwelttechnologie noch großen Entwicklungsbedarf hat, sondern weisen auch darauf hin, dass sowohl bei Entscheidungsträgern als auch bei Konsumenten das Wissen um die Bedeutung von Umweltschutz und schonendem, sparsamen Umgang mit Ressourcen häufig fehlt. Mittlerweile wird jedoch auch von offzieller Seite die Bedeutung von Umweltbildung und -erziehung als eine Investition für nachhaltige Entwicklung anerkannt. Auch die kontrollierten Medien haben sich des Umweltthemas angenommen und berichten mit zunehmender Frequenz und mit noch vor einigen Jahren unbekannter Offenheit über Umweltprobleme im eigenen Land. So werden z.B. Daten zur  Luftqualität in Zeitungen veröffentlicht und im Internet veröffentlciht. In Chinas Städten hat inzwischen ein beachtlicher Teil der Bevölkerung einen Lebensstandard und ein Bildungsniveau erreicht, die ihnen den "Luxus" erlauben, saubere Umwelt und gesunde Ernährung als Werte zu erkennen und einzufordern. Sie sind auch die Zielgruppe für die im folgenden vorgestellten Programme zur Umwelterziehung.
Programme

Seit die staatliche Umweltbehörde SEPA 1996 ihr Fünf-Jahres Aktionsprogramm für Öffentlichkeitsarbeit und Erziehung im Umweltbereich (National Action Programme for Environmental Publicity and Education 1996-2000) vorstellte, haben die Aktivitäten in diesem Bereich deutlich zugenommen. In Zusammenarbeit mit dem Erziehungsministerium unterstützt die SEPA landesweite Programme zur Umwelterziehung. Die SEPA gibt seit 1996 eine eigene Monatszeitschrift "Environmental Education" (Huanjing Jiaoyu) heraus und organisiert schulübergreifende, umweltbezogene Aktionen (wie z.B. Malwettbewerbe zu Umweltschutzthemen). Die Arbeit von NGOs in diesem Bereich wird geduldet und von staatlicher Seite unterstützt.

Für das Aktionsprogramm hat die SEPA eine eigene Behördenstruktur geschaffen, die auf nationaler Ebene durch das "Center for Environmental Education and Communication" (CEEC) repräsentiert wird. Ihm unterstehen auf Provinzebene und Stadtebene die "Publicity and Environmental Education Center" (PEC) der örtlichen Umweltämter. CEEC organisiert Konferenzen und Fortbildungen und gibt Informations- und Lehrmaterialien heraus. Das dem CEEC unterstehende China Environment and Sustainable Development Reference and Research Center (CESDRRC) in Beijing ist als gebührenfreie öffentliche Fachbibliothek mit einer großen Auswahl an chinesisch- und englischsprachigen Publikationen zu Umwelterziehung eine bisher landesweit einmalige Einrichtung. 
"Grüne Schulen"

Kinder sind die kleinen Kaiser im neuen China, so knüpft sich an die Umwelterziehung in Grund- und Mittelschulbereich nicht nur die Hoffnung, dass die nächste Generation bewusster mit Umweltressourcen umgeht, sondern auch, dass über die Kinder auch deren Eltern erreicht werden können.

Eine der Initiativen, die aus dem Aktionsplan hervorgegangen ist, ist das nationale Programm zur Förderung von sogenannten "Grünen Schulen". Interessierte müssen Schulen folgende Bewerbungskriterien erfüllen:

    Engagement und Interesse des Schulleiters an Umweltthemen
    Teilnahme von Schuleiter und zuständigen Lehrern an Umweltfortbildungen
    Aufnahme von Umweltthemen in die Curricula und besondere Aktivitäten an umweltrelevanten internationalen Aktionstagen wie z.B. dem Earthday am 22. April, Weltnichtrauchertag am 31. Mai, Weltumwelttag am 5.Juni, Tag der Tiere am 4.Oktober, Tag der Artenvielfalt am 29. Dezember etc.
    bereits vorhandenes Umweltinteresse bei Lehrern und Schülern
    ein sauberes und begrüntes Schulgelände

Inspektionsgruppen, die sich aus Vertretern der lokalen PEC, der Erziehungsbehörden und der KP zusammensetzen, haben seit 1997 landesweit 2000 Schulen das Label "Grüne Schule" verliehen, seit 1999 wurde einige hundert zur "Grünen Schule auf Provinzebene" ernannt. Zur Zeit werden die Kriterien für die "Nationalen grünen Schulen" ausgearbeitet.

Viele "grüne" Schulen sind aus der Initiative "Hand in Hand" (Shoulashou), zu der zuerst 1997 in der chinesischen Kinderzeitung (Zhongguo Shaonian Bao) aufgerufen hatte, hervorgegangen. Allein in Beijing beteiligen sich über hundert Schulen an diesem Programm. Es beinhaltet u.a., dass Schüler wiederverwertbare Abfälle von zu Hause mitbringen. Der Müll wird in der Schule sortiert und an Altstoffsammelstellen verkauft, der Erlös wird zur Unterstützung von Schulen in Armutsgebieten und für Umweltprojekte genutzt.

Das Interesse und Engagement vieler Lehrer, auch gerade derer, die aus Orten mit enormen Umweltproblemen stammen, ist groß. Doch mangelt es vielerorts an geeigneten Lehr-und Lernmitteln. Viele Lehrer werden so zu autodidaktischen Umweltpädagogen. Vorstöße einiger Schulen, "Umwelt" als eigenes Unterrichtsfach auf den Stundenplan zu setzen, treffen dabei jedoch nicht auf die Gegenliebe des Erziehungsministeriums. Die Aufnahme des Umweltschutzthemas in die Curricula soll den ohnehin schon übervollen Stundenplan chinesischer Schüler nicht noch zusätzlich belasten. Dagegen wird angestrebt, Themen zu Umweltschutz und nachhaltiger Entwicklung übergreifend in nahezu sämtliche Fächer und Disziplinen zu integrieren. Eine Überarbeitung der Schulbücher und Curricula ist zur Zeit im Gange. Bisher beschränkt sich die Vermittlung von umweltrelevanten Themen - wie in den meisten anderen Ländern auch - überwiegend auf den Biologie- und Geografieunterricht. Auch in China ist seit der UNO Umweltkonferenz 1992 der Begriff  "nachhaltige Entwicklung" und daran geknüpft der Anspruch "einer Erziehung zur nachhaltigen Entwicklung" zu einer allseits bemühten Formel avanciert. Auch wenn bereits einige Lehrmaterialien zu diesem Thema veröffentlicht wurden, tut man sich aber bisher noch schwer, den umfassenderen Gedanken der nachhaltigen Entwicklung pädagogisch umzusetzen.

Der Umweltunterricht an chinesischen Schulen konzentriert sich landesweit relativ einheitlich auf bestimmte Schwerpunkte. Dazu gehören die Teilnahme der Schulen an Baumpflanzaktionen im Frühjahr,  das Aufstellen von Nistkästen im Schulgarten, Aktionen zum Weltumwelttag am 5. Juni, Sammlung von Altbatterien, Ermahnung der Kinder weniger Plastiktüten zu verwenden.  In einigen Schulen haben Lehrer und Schüler Umweltgruppen gegründet, die sich nach Unterrichtsende oder an den Wochenenden treffen. In einigen Schulen erstellen Schüler eigene Umweltzeitungen mit Zeichnungen und kleinen Aufsätzen. Elite-Mittelschulen wie die Sungang-Mittelschule in Shenzhen veröffentlichen diese Beiträge auch auf einer eignenen Website.
Globe Schools

56 chinesische Schulen nehmen an dem von US-Vize Präsident Al Gore initierten Globe School Programm teil, das derzeit in 89 Ländern durchgeführt wird. Dieses Programm, dessen Schwerpunkt auf der internationalen Vernetzung von Schulen liegt, legt eine deutliche Betonung auf den bewussten Umgang mit Natur. Aus den Mitteln des Globe-Programms erhalten die Schulen Lehrmittel, eine bestimmte technische Ausstattung (Computer, Messgeräte zur Wetterbeobachtung) sowie regelmäßige Trainings für Rektoren und Fachlehrer. In China wird das Globe-Programm von CEEC koordiniert.  Im Globe-Programm werden Schulen gefördert, die sich bereits seit einigen Jahren im Bereich Umwelterziehung engagieren. Es sind Schulen mit sehr unterschiedlichen Vorraussetzungen: Die 2. Mittelschule in Shenyang, z.B. ist ein Elite-Internat,  das nur Schüler mit hervorragenden Zeugnissen und Kinder von Eltern aufnimmt, die sehr hohe Schulgebühren zahlen können. So konnte es sich die Schule leisten, eine Mio. RMB in die Neugestaltung ihres Schulgartens zu investieren.

Die ebenfalls am Programm teilnehmende Linxi-Grundschule in Benxi, Provinz Liaoning, liegt in einer Stadt, die in 80er Jahren den Ruf hatte, die Stadt mit der schlimmsten Umweltverschmutzung Chinas zu sein. Benxi, so hieß es damals, sei wegen der Luftverschmutzung auf keinem Satellitenbild erkennbar. Bereits 1989 führte die Linxi-Grundschule Umweltunterricht ein und hatte es Dank des Engagement ihres Schulleiters bereits 1991 zur ersten Umweltschule in Nordostchina gebracht und wurde 1997 für die Teilnahme im Globe-Programm nominiert.
NGOs

Mehrere in China aktive Nichtregierungsorganisationen sind im Bereich Umwelterziehung tätig.
WWF

Seit 1997 unterstützt der World Wide Fund for Nature(WWF)  in Zusammenarbeit mit dem Erziehungsministerium und gesponsort von BP-Amoco die "Environmental Educators Initiative". Im Rahmen des Projekts, das auf eine Gesamtlaufzeit von sechs Jahren angelegt ist, wurden an drei pädagogischen Universitäten (Beijing Normal University, Huadong Normal University, Shanghai und die Xinan Normal University, Chongqing) Ausbildungszentren für Umwelterziehung eingerichtet.  Diese Zentren organisieren Lehrerfortbildungen und regelmäßige Beratung für 27 Grundschulen, die an dem Modell während der ersten Projektphase teilnehmen. Im kommenden Jahr soll das Projekt landesweit auf weitere Schulen ausgedehnt werden. Die Dozenten der drei Zentren erhalten Trainings durch englische Umwelterziehungsexperten, die beteiligten Schulen dokumentieren ihren Umweltunterricht. Aus dem Projekt hervorgegangenen sind ein Materialienband für Lehrer ("ketexu fazhan jiaoyu - education for sustainable development") und die regelmäßig erscheinende Zeitschrift "Environmental Educators Initiative", die den Ansatz des Projekts auch über die Modellschulen hinaus bekannt macht.

Das Interesse und der besondere Enthusiasmus für den Umweltschutz bei den Schuldirektoren und den zuständigen Fachlehrern ist eine unmittelbare Voraussetzung für den Erfolg des Programms. Nicht minder wichtig aber ist die politische und finanzielle Unterstützung, die die Schulen von den lokalen Regierungen und Sponsoren erhalten.

So konnte die Baiyunlu-Grundschule in Beijing, eine der Modell-Grundschulen im Programm der "Environmental Educators Initiative", mit Mitteln, die der Stadtteil Xuanwu bereitgestellt hat, im 5. Stock ihres Schulgebäudes ein wohl landesweit einmaliges "Green Education Center" aufbauen. Neben einer ständigen Ausstellung mit Schautafeln und Objekten bietet das Zentrum eine Schüler-Bibliothek, Laborräume für Biologie, Chemie und Werkunterricht (z.B. für die Herstellung von Recycling-Papier und Kunstobjekten aus Abfallstoffen) sowie einen Versammlungsraum.

Weniger glücklich ist die Shenyanger Jiche Yixiao Grundschule. Als die Schule sich 1997 um die Aufnahme in das WWF geförderte Programm bewarb, sagte die Lokomotivfabrik, der die Schule angegliedert ist, ihre großzügige Unterstützung bei der Neugestaltung und Begrünung des Schulhofes zu. Inzwischen ist die Fabrik bankrott und kann ihre Zusagen nicht einhalten. Die Schule hat daher weder Mittel ihre Umgebung angenehmer zugestalten noch um zusätzliche Lehrmaterialien für den Umweltunterricht zu erwerben. Die Schließung der Lokomotivfabrik beeinträchtigt die Schule aber nicht nur im materieller Hinsicht. Ein Großteil der Kinder kommt aus Familien, deren Eltern nun arbeitslos sind. In dieser schwierigen psychologischen und ökonomischen Situation ist es schwierig, Enthusiasmus für Umwelthemen zu entfachen.
Friends of Nature

Die "Friends of Nature" (FON), eine der bekanntesten chinesischen Umwelt-NGO, besitzen seit April dieses Jahres ein Ökomobil. Der Kleinbus, den die Freunde nach der vom Aussterben bedrohten tibetischen Antilope "Antilopen-Bus" nennen, ist mit Anschauungsmaterial und Lernmitteln für Umwelt- und Naturschutzunterricht ausgestattet. Interessierte Schulen können den Bus samt erfahrenen Umwelttrainern bestellen. Für Schulen in der Stadt kostet dieser Service 100 Yuan, in ländlichen Gebieten wird der Unterricht kostenfrei angeboten. Das Besondere an diesem Projekt, das mit Unterstützung der Hamburger Umweltorganisation "Save our Future" (SOF) ins Leben gerufen wurde, ist das es auch Schulen in abgelegenen und weniger entwickelten Gebieten erreichen kann. "Friends of Nature" und SOF sind daran interessiert, weitere "Antilopen-Busse" zu erwerben und das Projekt auch auf andere Regionen Chinas auszuweiten. Hierfür werden noch Sponsoren gesucht.

Der Naturlehrpfad und die Gedenkstätte für ausgestorbene und bedrohte Tiere im Naturschutzgebiet  "Pere Davids Deer (Milu) Park" im Landkreis Daxing im Süden Beijings ist ein weiteres Projekt der Friends of Nature. Guo Geng, FON-Aktivist und Verfasser mehrerer Bücher über bedrohte Tiere, bietet dort kindgerechte Führungen an.
Environmental Education Television Project for China

Die NGO "Environmental Education Television Project for China" (EETPC) übersetzt, synchronisiert und produziert seit 1997 Umweltfilme. Diese Filme, mittlerweile über 200, werden nicht nur regelmäßig von chinesischen Fernsehstationen gesendet, viele Schulen leihen oder kaufen auch Kopien der Videos und nutzen sie für ihren Unterricht. Um eine noch grössere Verbreitung zu erreichen, möchte EETPC die Filme künftig auf VCDs vertreiben. In Planung befindet sich ein spezielles "Children's Environmental Television Programe", dessen regelmäßige wöchentliche Ausstrahlung auf CCTV geplant ist. Die Übersetzung  von Publikationen des englischen Earth Scan Verlags ist ein weiteres Projekt von EETPC . Soeben ist in dieser Reihe die chinesische Ausgabe von "Children's Participation" erschienen.
Global Village of Beijing

Die NGO "Global Village of Beijing" engagiert sich ebenfalls für Umweltbildung und Erziehung. Gemeinsam mit der SEPA haben sie einen "Citizen's Environmental Guide" sowie einen "Children's Environmental Guide" herausgegeben. Sie unterstützen die bereits erwähnte Aktion "Hand in Hand" und fungieren als Sammelstelle für Altbatterien.
Wie Sie Projekte zur Umwelterziehung unterstützen können

Damit sind nur einige der unzähligen aufkeimenden Initiativen im Bereich Umweltbildung und Umwelterziehung genannt. An guten Willen und Engagement fehlt es vielerorts nicht, häufig aber an Fortbildung und Geld. Sie können mithelfen, aus den zarten Keimlingen kräftige, widerstandsfähige Pflanzen wachsen zu lassen, in dem Sie z.B. Partnerschaften für Schulen übernehmen und diese mit Lehrmaterialien und Medien (TV, Video-VCD-Geräten etc.) unterstützen. Kontakte zu Grünen Schulen können über CEEC und die örtlichen PEC der Umweltbüros auf Provinz und Stadtebene geknüpft werden.

Auch die erwähnten NGO-Projekte sind auf die Unterstüztung von Sponsoren angewiesen. So sucht FON noch Geldgeber für weitere "Antilopenbusse" und EETPC wirbt um Paten für weitere Übersetzungs-und Publikationsprojekte.

Eva Sternfeld

Die Autorin arbeit als deutsche CIM-Expertin seit April 2000 am China Environment and Sustainable Development Reference and Research Center (CESDRRC), einer Umweltbibliothek und Forschungseinrichtung, die dem CEEC angegliedert ist. U.a. ist sie in diesem Zusammenhang auch als Gutachterin für Umwelterziehung im EU-China Liaioning Integrated Environmental Protection Project tätig. Auf Anfrage vermittelt CESDRRC gern Kontakte zu den erwähnten Projekten und NGOs.